Fortschritte im Yoga

Die meisten Menschen, die unsere Anfängerkurse besuchen, wissen, welches Geschenk Yoga macht. Sie spüren intuitiv, dass sie loslassen dürfen von Stress und Leistungsdruck, dass sie zurückfinden können in ihren Körper, dass sie einfach so sein dürfen, wie sie sind.

Sie wissen, dass Yoga die Möglichkeit bietet, jenseits von Fortschrittsdenken einen Zustand tiefer Entspannung und Glück zu erleben.

Deswegen unterrichte ich so gerne Anfänger: Offen und bereit sitzen sie auf ihrer Matte. Sie lassen sich ganz auf den Augenblick ein, sie nehmen ihren Körper wahr, tauchen in den Atem ein und erleben tatsächlich für kurze Augenblicke Yoga:

Einfach Dasein. Anwesend sein. In sich Zu Hause sein.

Das löst ein enormes Glücksempfinden aus: Mit roten Backen und strahlenden Gesichtern schweben sie nach Hause.

Ich kann sagen: Fast alle meine Anfänger sind vom ersten Augenblick an echte Yogis – nämlich präsent.

Ging es Dir auch so?

Und dann meldest Du Dich in Yoga 2 an. Wenn Yoga schon im ersten Kurs so erstaunliche Auswirkungen hatte, wie wird das erst im nächsten? Und es gibt dann auch noch Yoga 3!

Und damit beginnen unsere alten Muster, unsere alten Glaubenssätze wieder Besitz von uns zu ergreifen. Wir glauben an Fortschritt. Und das Yogastudio gibt uns dazu auch noch die Illusion, weil es eben Folgekurse gibt. Wir erwarten, dass ein Fortschritt in den Positionen, ein Erweitern der Atemkapazität oder die Fähigkeit länger in der Meditation zu sitzen uns Yoga immer näher bringt.

Und das ist eine Illusion.

Durch die Erwartung und das Hinarbeiten auf Fortschritt, durch den Fortschrittsgedanken an sich entfernen wir uns immer weiter von uns selbst – immer weiter von Yoga.

Was ist eigentlich Yoga? Und wie wird Yoga erlebt?

Yoga ist ein Zustand, eine Erfahrung.
Ein Zustand, in dem ich absolut präsent bin, ein Zustand in dem alle Gedanken, alles „Wollen“ zur Ruhe gekommen ist und in dem ich mich einfach erlebe.

Es ist ein Zustand in dem alle Versuche „etwas zu werden“ losgelassen sind.

In dem es keine Ziele mehr gibt. In dem das Leben kein „Rennen“ ist.

In dem ich nicht mehr beweisen muss, dass ich mich entwickle, verbessere oder „lerne“.

In dem ich einfach so sein kann, wie ich bin.

Natürlich ist es herrlich und absolut berechtigt sich darüber zu freuen, wenn etwas Neues gelingt. Wie bei einem Kind, das Laufen lernt: 100x auf den Popo gefallen und plötzlich klappt es.

Was für eine Freude!

Wenn allerdings der Wunsch nach immer mehr, immer besser, immer weiter dominant wird, falle ich zurück in meinen Alltagsstress. In Leistungsdruck, Hetze und Unzufriedenheit.

Als Yogalehrerin stecke ich im gleichen Dilemma, in ähnlichen Mustern. Auch mein Geist möchte Neues zeigen, als Lehrerin beweisen, dass man mehr zu bieten hat als Hund, Baum und Bauchatmung.

Doch die schönsten gemeinsamen Yogaerfahrungen hatten wir immer, wenn es mehr ums Erleben ging als ums Lernen.

Gelernt wurde eher nebenbei. Flexibilität und Kraft gab es als Geschenk dazu.

Wie können wir also in den Folgekursen Yoga erleben? Wie können wir aussteigen aus unseren alten Verhaltensmustern? Wie holen wir uns Yoga zurück?

Es ist kein Schritt, es ist ein Anhalten.

Es ist so einfach.

Lasst uns anhalten, die Augen öffnen und sehen: Es gibt nichts zu erreichen.

Ich bin schon da.

Und ich darf genießen!

Willkommen in den neuen Kursen! 😉

Susanne